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Intelligente Qualitätssicherungssysteme in Produktionsprozessen

iPQ Spectral von BST eltromat

Dienstag 27. September 2016 - BST eltromat aus Bielefeld entwickelt Prozesskontroll- und Inspektionssysteme, die in der Fertigung von Folien, Non Woven, Batterien, Reifen oder in der Druckindustrie im Einsatz sind. Dazu zählen Bahnlauf- und Registerregelungen, kamerabasierte Druckinspektion, Farbmessung sowie Farbsteuerungen. Im Interview erklärt Geschäftsführer Kristian Jünke, was die Fusion der Traditionsunternehmen BST und eltromat bisher gebracht hat und warum er auch im Druckbereich weiteres Wachstum erwartet.

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Herr Jünke, können Sie uns BST eltromat kurz vorstellen?
Kristian Jünke: Gern. Den Namen tragen wir seitdem die BST Gruppe eltromat Mitte 2014 übernommen hat. Beide Unternehmen waren mit Prozesskontroll- und Inspektionssystemen in zum Teil gleichen Märkten unterwegs und sind etablierte Marken. Eltromat seit 1960 und BST seit 1979. Es lag nahe, zusammenzugehen und beide Namen weiterzuführen. Heute sind wir gut 600 Mitarbeiter weltweit, setzen über 100 Mio. € jährlich um und haben unseren Sitz in Bielefeld. Wir sind eine Tochter der EMG Automation, die wiederum zur elexis AG und damit auch zur SMS Group gehört.

In welchen Märkten ist BST eltromat aktiv?
Jünke: Wir sind mit sieben Vertriebsgesellschaften und über 50 Büros in etwa 100 Ländern vertreten und fertigen in Deutschland, den USA, Japan, Brasilien, Indien und China. Unsere Kunden kommen aus der Druck-, Papier-, Folien-, Gummi- und Reifenindustrie. Stärken haben wir in der Bahnführung, Registerregelung und Inspektion von Rolle-zu-Rolle-Prozessen. Wobei das Substrat Papier, Folie, Non-Woven, Batterieelektrode oder Gummi sein kann. Letztlich ist auch ein Autoreifen eine Art Folie, die es zu regeln und schnell zuverlässig zu inspizieren gilt. Gleiches gilt für Stahlbänder, deren Bahnführung und Inspektion die EMG übernimmt.

Wie wichtig ist Ihr Druck- und Papiergeschäft?
Jünke: Das ist unser Kernmarkt, der zwei Drittel unserer Umsätze ausmacht. Die Reifen etwa ein Fünftel. Im Verpackungsbereich und in der Produktion von Windeln und Vliesstoffen sind wir ebenfalls aktiv. Markenhersteller haben hohe Qualitätsansprüche und verlangen gerade bei Verpackungen exakte Farbkontrolle. Ob Metalldose, Direktdruck auf Kunststoff, Etiketten oder Werbeflyer – Markenfarben müssen auf allen Substraten absolut identisch sein. Unsere Systeme zur Inline-Spektralfarbmessung helfen Druckereien, das zu gewährleisten.

Das klingt nach einer forschungsintensiven Angelegenheit…
Jünke: Unsere F&E-Quote liegt bei acht bis zehn Prozent. Kameratechnik, Prozessoren und PCs entwickeln sich rasant weiter. Heutige Zeilenkameras nehmen sehr schnell Bilder mit hohen Auflösungen auf. So schnell können Prozessoren die Bilderflut derzeit gar nicht verarbeiten. Das kann sich aber schnell ändern – wir müssen unsere Lösungen ständig weiterentwickeln. Das war einer der Gründe für den Merger mit eltromat. Statt parallel an denselben Fragen zu arbeiten, forschen und entwickeln wir nun gemeinsam. Zusammen können wir den zeitlichen und personellen Aufwand leichter stemmen, bringen wir Ideen schneller zur Marktreife und behalten wir das Innovationsgeschehen dank eines eigenen Innovationsmanagements besser im Blick. Auch unsere gestärkten globalen Strukturen in Vertrieb und Marketing sind hilfreich, da unsere Lösungen beratungsintensiv sind.

Wer sind Ihre Kunden? Druckmaschinenbauer, die Ihre Systeme in ihre Neuanlagen integrieren oder Druckereien, die sie nachrüsten?
Jünke: Beide zu jeweils gleichen Teilen. Letztlich bestimmen die Endkunden. Sie ordern immer häufiger eine 100-Prozent-Inspektion. Druckereien müssen investieren, um Aufträge zu bekommen. Bei Neuanlagen sind Bahnlauf- und Registerregelungen sowie Systeme zur Bahnbeobachtung Standard. Eine 100-Prozent-Inspektion ist noch nicht immer gewünscht, da Komplexität und Anlagenkosten damit steigen. Doch immer mehr Kunden benötigen sie und bestehen auf kompletten Prozesslösungen aus einer Hand, die sie in einem Rutsch finanzieren können.

Inwieweit sind Sie vom Strukturwandel der Druckbranche betroffen?
Jünke: Wir haben das Glück, dass der Flexo- und Tiefdruck samt Weiterverarbeitung noch wachsen; denken Sie an den Verpackungsmarkt. Wo Maschinen mit hunderten Metern pro Minute laufen, sind unsere intelligenten Qualitätssicherungssysteme ebenso gefragt, wie beim Herstellen mit immer kleineren Joblaufzeiten. Wir helfen Druckern in beiden Fällen, in automatisierten Produktionsprozessen die volle Prozesskontrolle zu behalten.

Wie sehen Sie Print 4.0 – also die zunehmend vernetzte Druckereiproduktion?
Jünke: Das ist für uns eine wichtige Entwicklung. Unsere Systeme erfassen beispielsweise in Echtzeit spektrale Farbdaten und zeigen sie dem Maschinenführer als L*a*b*-Werte an. Damit finden diese viel schneller die optimale Farbeinstellung. Beim Andruck sparen sie so Zeit, Farbe und Makulatur – und bekommen im laufenden Prozess sofort Meldung, sobald es geringste farbliche Abweichungen gibt. Sie können sofort nachjustieren und so teuren Ausschuss minimieren. Zudem erkennen unsere Inline-Kamera-Systeme kleinste Fehler im Druckbild. Oft kann die Ursache im laufenden Prozess behoben werden. Und es wird exakt dokumentiert, wo auf der Rolle wie viele Meter fehlerhaft sind. Beim Umrollen lassen sich diese Meter voll automatisiert entfernen. Das Ziel sind geschlossene Regelkreise.

Wie nah ist dieses Ziel?
Jünke: Schon heute reichen unsere Lösungen von der Herstellung und Weiterverarbeitung bis zur Endkontrolle. Künftig gilt es, die Intelligenz entlang der Prozessketten zusammen zu führen, um Fehlerquellen schneller erkennen und möglichst auch automatisiert korrigieren zu können. Dafür müssen alle Akteure ihr Knowhow zusammenbringen und ihre Systeme weiterentwickeln. Das ist vor allem eine Softwarefrage, die Hardware ist auf gutem Wege.

Können Ihre Systeme schon mit dem geschulten menschlichen Auge mithalten?
Jünke: Nicht in jeder Hinsicht. Was die Ausdauer oder die Überwachung rasend schneller Prozesse betrifft, sind sie weit überlegen. Dagegen sieht ein geschultes Auge Farbwolken früher. Und anders als Kamerasysteme und ihre Beleuchtung kann ein Mensch den Blickwinkel schnell wechseln. Auch ist die menschliche Farbwahrnehmung subjektiv, wohingegen Spektralmessungen objektive Werte liefern. Nur so lässt sich auf unterschiedlichsten Substraten identische Farbgebung realisieren.

Ist solche High-end-Technik auch in Schwellenländern gefragt?
Jünke: Wir verkaufen unsere Systeme wirklich weltweit. Auch Druckereien z.B. aus China, Indien, Afrika oder dem Nahen Osten liefern teils in Industrienationen oder drucken für Markenhersteller, die auch dort ihre Corporate Identity wahren. Was wir zudem beobachten, ist eine steigende Zahl von Maschinenbauern in Fernost. Das sehen wir positiv, weil wir uns darunter auf Dauer neue Kunden versprechen.

Haben Druckereien gegenüber Ihren komplexen Systemen Berührungsängste?
Jünke: Die ist die Ausnahme. Wir können nur verkaufen, wenn die Drucker den Vorteil erkennen. Für sie ist es eine große Hilfe, wenn kleinste Fehler sofort auffallen und schon im Prozess korrigiert werden können. Niemand möchte seine Druckmaschine stoppen. Zudem lassen Kunden heute komplette Lieferungen zurückgehen, sobald sie auf einen Fehler stoßen. Unter dem heutigen Kostendruck schlagen solche Reklamationen, aber auch Andruckverluste und spät erkannte Fehler in Kontor. Auch haben Maschinenführer in einer automatisierten Produktion gar nicht mehr die Zeit für lückenlose Qualitätskontrolle, da sie meist mehrere Maschinen betreuen. Unsere 100-Prozent-Inspektionssysteme sind da eine echte Erleichterung. Erst recht, wenn sie für unterschiedliche Märkte drucken und arabische, chinesische oder lateinische Schriftzeichen kontrollieren müssen.

Sie haben mit der Batterie- oder Solarbranche Zukunftsmärkte im Blick. Trägt dieses Engagement schon Früchte?
Jünke: Es sind noch begrenzt große Märkte, in denen wir aber bereits Bahnlaufregelungen und Schichtdickenmesssysteme verkaufen. Gleiches gilt für gedruckte Elektronik. Wir bleiben dran, aber mit dem Volumen im Druckereigeschäft ist das nicht zu vergleichen. Interessant ist aber, dass hier Präzision im Mikrometerbereich gefragt ist und auch Funktionalitäten zu prüfen sind. Das setzt sehr anspruchsvolle Inspektionstechnik voraus.

Wo wir über Zukunft reden: Wie stellen Sie sich BST eltromat im Jahr 2030 vor?
Jünke: Wahrscheinlich überwachen unsere Systeme dann eine vernetzte Prozesswelt mit immer intelligenteren Maschinen und Produkten. Die 100-Prozent-Inspektion wird dafür sorgen, dass Fehler erst gar nicht entstehen, beziehungsweise bei minimalem Ausschuss automatisiert behoben werden können. Verpackungsfolien könnten möglicherweise Gase detektieren, die Verfall der Waren anzeigen. Das würde die mit groben Haltbarkeitsdaten einhergehende Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren. Viel hängt davon ab, wie sich die Konsumwelt entwickelt. Wird auch sie vernetzt? Und wo ist der zukünftige Point of Sale? Kaufen wir noch im Supermarkt ein oder werden wir automatisiert beliefert? Solche Fragen haben großen Einfluss auf den Verpackungsdruck, auf Druckverfahren und auch auf die Prozessüberwachung. Wir alle wissen, wie eine Finanzkrise oder Erfindungen wie das Smartphone die Welt rasant verändern. Langfristige Prognosen sind schwierig.

www.vdma.org
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