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Weiterverarbeitung

Flexible Anlage fertigt elf Booklets pro Sekunde

Freitag 07. November 2008 - Die Formel "Leistung ist die umgesetzte Arbeit pro Zeiteinheit" kennen wir alle noch aus dem Physikunterricht. In der Automatisierungstechnik steht hohe Leistung einer Anlage meist an oberster Stelle der Anforderungsliste. Eine flexible Anlage, die hohe Produktionsgeschwindigkeiten bietet, reicht aber allein nicht aus, wenn es an Schnittstellen einzelner Anlagenteile immer wieder zu Geschwindigkeitseinbußen kommt oder wenn die Anlage während langer Umrüstzeiten überhaupt keine Leistung bringen kann. Daher ist neben kurzen Rüstzeiten auch eine hohe Ausfallsicherheit gefragt, damit die Anlage nicht wegen Reparaturen unproduktiv ist. Eine entsprechend ausgelegte, flexible Anlage mit hohen Produktionsgeschwindigkeiten stellt dann naturgemäß große Anforderungen an die eingesetzte Mechanik und Steuerungstechnik. Das Beispiel der im folgenden beschriebenen Anlage zur Herstellung von Booklets verdeutlicht dies.

Die Firma Bograma aus Turbenthal in der Schweiz hat sich spezialisiert auf den Bau grafischer Maschinen für den Post-Press-Bereich. Dazu gehören beispielsweise Stanzmaschinen, Heft­aggregate, Schwertfalzwerke oder Vacuum-Transporttische. Auf Wunsch eines Kunden entstand das Bograma-Booklet-System (Bild 1). Damit lassen sich Booklets, also die kleinen Hefte wie sie z.B. CDs oder DVDs beigelegt werden, falzen, heften und zuschneiden. In der Anlage werden erstmals alle Verarbeitungsschritte vom Einziehen der bedruckten Bogen bis zum Aufstapeln der fertigen Booklets vollautomatisch ausgeführt. „Das erhöht die Produktionsgeschwindigkeit deutlich“ berichtet Philipp Hamann (Bild 2), Applikations-Ingenieur bei der Bograma AG. „Bei bisherigen Lösungen musste an verschiedenen Stellen im Produktionsablauf manuell eingegriffen, Zwischenprodukte an einer Maschine entnommen und an einer anderen wieder eingesetzt werden oder sie wurden komplett manuell weiter verarbeitet. Damit die Bediener mit ihrer Arbeit nach kamen, wurde deshalb die Geschwindigkeit der Maschine quasi künstlich gedrosselt. Heute können wir durch die Vollautomation anstatt ca. 4.000 Bogen pro Stunde bis zu 8.000 bearbeiten, abhängig von der Papierart und -dicke. Da je nach Booklet-Größe bis zu fünf aus einem Bogen hergestellt werden, bedeutet das also bis zu 40.000 Booklets in der Stunde.“

Perfektes Timing gefragt
Damit bei diesen hohen Geschwindigkeiten die einzelnen Anlagenteile synchron arbeiten, wird auch den eingesetzten Automatisierungskomponenten einiges abverlangt. Für Antrieb und Steuerung der einzelnen Achsen entschieden sich die Schweizer daher für Komponenten der Automatisierungsexperten Omron. „Hier überzeugten uns vor allem die kurzen Zykluszeiten und die einfache Programmierung der Steuerungstechnik“ berichtet Hamann.

Die gesamte Anlage besteht aus verschiedenen Modulen für die einzelnen Prozess-Schritte, mit ca. drei Achsen je Modul. Insgesamt übernehmen 20 Achsen das Zu- und Abführen, Falzen, Heften, Pressen und Schneiden. Damit die bearbeiteten Produkte und das eingesetzte Werkzeug zur rechten Zeit am rechten Ort sind, müssen die verschiedenen Achsen auch bei den hohen Produktionsgeschwindigkeiten synchron laufen. Diesen Anforderungen wird der Motion Controller TrajeXia (Bild 3) gerecht, der insgesamt die Steuerung für bis zu 16 Achsen gleichzeitig übernehmen kann. In der beschriebenen Anwendung sind daher zwei Motion Controller im Einsatz, die über Ethernet miteinander synchronisiert werden. Die Achsen werden über das offene Antriebsbussystem Mechatrolink II angesteuert und lassen sich somit millisekundengenau aufeinander abstimmen. „Neben der Synchronität gibt es weitere Anforderungen“ sagt Hamann. „Zum Abbremsen oder Beschleunigen der Bogen an der Zu- oder Abführung müssen virtuelle Achsen überlagert werden.“ Auch das ist für den Motion Controller kein Problem. Er beherrscht lineare, kreis- und schraubenförmige Interpolationen ebenso wie elektronische Nocken, Druckmarkenregelung, Kurvenscheiben oder feinstufig schaltbare Untersetzungsgetriebe.

Umrüsten leicht gemacht
Da auf der Anlage vor allem Kleinserien gefertigt werden sollen, war dem Anwender neben den hohen Produktionsgeschwindigkeiten das schnelle und unkomplizierte Umrüsten der Anlage besonders wichtig. Dazu haben die Anlagenbauer bei der Mechanik entsprechende Konzepte entwickelt: „Einerseits haben wir versucht, die Maschinenkonstruktion so einfach wie möglich zu halten. Andererseits ist die Maschine so konzipiert, dass möglichst wenig Verstellschritte von einem Produkt aufs andere nötig sind. Je nach Papierart müssen beispielsweise die Messer ausgetauscht werden. Hier haben wir ein spezielles Schnellwechselsystem entwickelt. Zudem lassen sich alle Anschläge unkompliziert mit Handrädern von außen verstellen. Es wird hierfür also nicht nötig, die Anlage zu öffnen“ so Hamann. Daneben muss auch die passende Software für das jeweilige Produkt schnell und unkompliziert ausgewählt werden. Dazu sind in der zentralen Steuerung der Anlage bis zu 25 Rezepte für die jeweilige Ablaufsteuerung hinterlegt. Das geeignete Ablaufprogramm kann der Anwender dann einfach am zentralen Touchpanel der Anlage abrufen (Bild 4).

Teamplayer gefragt
Damit eine solche Anlage dauerhaft zuverlässig funktioniert, müssen alle eingesetzten Komponenten reibungslos zusammenarbeiten. „Auch das war ein Grund, warum wir uns für Omron entschieden haben“ berichtet Hamann. „Hier konnten wir neben den Motion Controllern auch Servoantriebe, SPS und die Touchpanels aus einer Hand beziehen. Das bringt Vorteile beim Einrichten aber auch dann, wenn es doch einmal Probleme mit den Automatisierungskomponenten gibt. In solchen Fällen haben wir einen konkreten Ansprechpartner an den wir uns wenden können.“ In jedem Anlagenteil werden die I/Os an so genannte Smartslice-Knoten, ebenfalls von den Automatisierungsspezialisten, zusammengeführt und von dort mit dem kleinen Touchpanel des jeweiligen Anlagenteils verbunden (Bild 5). Die Touchpanels wiederum sind über Ethernet an die zentrale Steuerung des Typs CJ1 angeschlossen (Bild 6). Diese SPS übernimmt alle Aufgaben der logischen Ablaufsteuerung der gesamten Anlage. An diese SPS ist das größte Touchdisplay der Anlage angeschlossen, an dem der Anlagenbetreiber alle notwendigen Änderungen für die gesamte Anlage vornehmen kann. „Hier bringt die Vernetzung aller Anlagenteile über Ethernet einen weiteren Vorteil“ meint Michael Engler, Field Application Engineer bei der Omron Electronics AG (Bild 7). „So kann man sich für die Fernwartung einfach über einen VPN-Tunnel mit der Anlage verbinden und den genauen Zustand aller Komponenten sehen. Anlagenbauer, die ihre Maschinen weltweit vertreiben, können sich so die eine oder andere kostspielige Service-Reise sparen, oder wenn doch ein Einsatz vor Ort gefragt ist, gut vorbereitet anreisen.“

Insgesamt zeigen sich die Anlagenbauer sehr zufrieden darüber, dass sie sich für die Zusammenarbeit mit Omron entschieden haben nicht zuletzt auch wegen des guten Supports. Bei der Programmierung von SPS und Touchpanel hatten die Schweizer bereits einige Erfahrungen und haben diese daher auch in diesem Projekt komplett selbst programmiert. „Programmierung des Motion Controllers war für uns aber neu“ so Hamann. „Das hat Herr Engler für uns übernommen, der uns auch sonst zusammen mit seinen Kollegen sehr gut unterstützt hat.“ Das Bograma-Booklet-System läuft inzwischen beim ersten Anwender seit knapp einem Jahr zuverlässig, zu Stoßzeiten sogar im Zweischichtbetrieb bei 12 Stunden pro Schicht. „Hier wird nochmals deutlich, warum Ausfallsicherheit der eingesetzten Komponenten ein so wichtiges Thema war,“ meint Hamann abschließend.

www.omron.ch
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