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Bloß nicht spezialisieren!

Claus Bolza-Schünemann, Vorstandsvorsitzender KBA.

Samstag 24. März 2012 - Der VDMA sprach im Vorfeld der drupa mit Claus Bolza-Schünemann, Vorstandsvorsitzender KBA, über die Strategie seines Hauses im wirtschaftlich schwierigen Umfeld sowie aktuelle Trends in der Druckbranche.

Herr Bolza-Schünemann, KBA hat 2011 die selbst gesteckten Wachstumsziele verfehlt, ist aber beim Vorsteuerergebnis in den schwarzen Zahlen geblieben. Damit steht das Unternehmen besser da, als seine wichtigsten Konkurrenten hier zu Lande. Woran liegt das?

Bolza-Schünemann: Ein wichtiger Grund ist unser größeres Produktportfolio. Der seit Jahren für die Druckmaschinenhersteller besonders schwierige Rollendruck macht bei uns, zum Beispiel, nur 20 Prozent des Umsatzes aus. Wir suchen Geschäft auch in Nischen, etwa im Blechdruck oder bei Wertpapieren. Kurz: Wir diversifizieren, aber nur innerhalb unseres Kerngeschäfts Druck. Damit bleiben wir unserem Metier treu.
Hinzu kommt, dass wir immer sparsam gewirtschaftet haben. Wir haben auch in guten Zeiten die Gewinne nur teilweise an die Anteilseigner ausgeschüttet und mehr als die Hälfte der Gewinne im Unternehmen belassen. Das hilft uns jetzt.


Die konjunkturelle Lage der Druckindustrie ist schon seit Jahren angespannt. Kommt die diesjährige drupa zu einem guten oder schlechten Zeitpunkt?

Bolza-Schünemann: Die drupa ist noch immer weltweit die Printmesse schlechthin. Dort nicht teilzunehmen ist keine Alternative, egal, wie das Umfeld aussieht. Die Messe ist für KBA maßgeblich. Aber 2012 passt für uns auch zeitlich recht gut. Die Messe wird viele Innovationen zeigen und Impulse setzen. Wir rechnen mit erheblichen Kaufabschlüssen. Wir verzeichnen allerdings auch jetzt schon ein Anziehen bei den Auftragseingängen. Die ersten beiden Monate dieses Jahres waren da sehr erfreulich. Das sonst übliche drupa-Loch, also eine Flaute vor der großen Messe, ist bei uns nicht spürbar.



Die Märkte für Druckerzeugnisse verlagern sich. China ist inzwischen zum größten Druckmarkt der Welt gewachsen. In Ländern wie den USA oder in Europa schrumpfen die Märkte. Wie reagiert KBA darauf?

Bolza-Schünemann: Druckmaschinen sind Investitionsgüter und keine Autos, wo man in den größten Märkten in der Regel vor Ort produzieren muss. Aber angesichts der enormen Bedeutung des chinesischen Marktes für den Absatz von Bogenoffsetmaschinen beschäftigen auch wir uns seit einiger Zeit mit der möglichen Produktion dort. Mit einem chinesischen Druckmaschinenbauer sind wir in fortgeschrittenen Gesprächen über eine Kooperation. Ich hoffe, noch in diesem Jahr zu einem Abschluss zu kommen. Wir werden unsere deutsche Produktion nicht eins zu eins nach China verlagern. Wir wollen mit in China produzierten Low-cost-Maschinen am chinesischen Markt teilhaben, das ist unsere Strategie.


Wären günstigere Druckmaschinen nicht auch ein Mittel, um den Investitionsstau in den angestammten Abnehmerländern zu lösen, wo sich die Druckereien oft teure Spitzentechnologie gar nicht mehr leisten können?

Bolza-Schünemann: Das ist klar ein Trend. Nicht jeder braucht, bildlich gesprochen, einen Maserati. Oft reicht schon ein Mittelklassewagen. KBA hat deshalb mit der Zeitungsrotation „Commander CL“ eine Standardmaschine entwickelt, bei der der Kunde in den zentralen Funktionen keine Abstriche machen muss, die aber deutlich günstiger ist. Davon haben wir schon vier Maschinen verkauft. Eine der Ersten liefern wir im Oktober an das amerikanische Verlagshaus Hearst. Auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach absoluter Hochtechnologie nach wie vor da. Gerade in Deutschland wird diese Spitzenklasse zurzeit wieder häufiger gewünscht.


Der Digitaldruck bedient den Trend zur Individualisierung durch Kleinstauflagen. Inzwischen stößt er aber auch in den Druckbereich der größeren Auflagen vor – das angestammte Gebiet des klassischen Drucks. Ist es möglich, dass auch mit klassischem Offset kleinere Auflagen kostengünstig hergestellt werden?

Bolza-Schünemann: Das ist durchaus schon der Fall. Der neue Konkurrent Digitaldruck hat die Automatisierung und wirtschaftliche Einsetzbarkeit moderner Offsetmaschinen für kleinere Auflagen beflügelt. Sonst läge der Anteil des Digitaldrucks am gesamten Druckvolumen heute nicht mehr bei den aktuellen 15 Prozent und der des Offsetdrucks nicht noch immer bei 60 Prozent. Bei großen Auflagen wird der Digitaldruck noch lange weit hinter dem Offset her hinken. Die Kosten pro Seite werden noch lange um ein vielfaches höher liegen, als beim Offset-Verfahren.


Einer Ihrer größten Wettbewerber, Manroland, besteht nach der Insolvenz in zwei Unternehmen weiter. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung für KBA?

Bolza-Schünemann: Manroland hat sich durch die Insolvenz von erheblichen finanziellen Lasten befreit, vor allem auch durch einen großen Personalabbau. Der Steuerzahler kommt mit einem dreistelligen Millionenbetrag dafür auf. Künftig wird es zwei kleinere Unternehmen geben, eines im Bogenoffset, eines im Rollenoffset. Ich denke, es wird schwer für solch kleine Unternehmen mit einem doch recht großen Produktportfolio, den Weltmarkt zu bedienen. Besonders das Produkt Bogen ist technisch nicht auf der Höhe der Wettbewerber. Für KBA bietet die Situation sowohl eine Chance als auch ein Risiko. Die Chance besteht darin, dass wir Geschäft von Manroland übernehmen können. Im Investitionsgütergeschäft, wo Verträge oft über zehn oder 20 Jahre laufen, ist Verlässlichkeit extrem wichtig. Das ist eine Stärke von KBA. Das Risiko ist: Manroland ist weiter am Markt.


Sie stehen seit einem halben Jahr an der Spitze von KBA. Wohin wollen Sie das Unternehmen führen?

Bolza-Schünemann: Stillstand ist Rückschritt. KBA hat sich immer gut behaupten können, weil wir einerseits auf technische Innovationen setzen und gleichzeitig unsere Produktpalette kontinuierlich erweitern. Das ist bislang ein gutes Rezept, das will ich beibehalten. KBA hat in der Vergangenheit immer echte Meilensteine in der Branche gesetzt. Wir suchen das Heil nicht in der Größe, sondern in modernster Produktion und Verlässlichkeit, das ist die Stärke unseres Hauses.


Warum hat Druck Zukunft?

Bolza-Schünemann: Was die schnelle Informationsverbreitung angeht, sind die digitalen Medien unschlagbar. Wenn es aber um die Seriosität von Informationen geht, können sie Gedrucktem nicht standhalten. Printprodukte haben neben optischen und haptischen Eigenschaften auch eine völlig andere Wertigkeit für die Menschen.
Viele Druckprodukte können überdies gar nicht ersetzt werden. Man denke nur an Verpackungen. Alles, was ich physisch brauche, ist durch virtuelle Medien nicht ersetzbar.


Die drupa ist 60 geworden. Wird es in 60 Jahren noch eine drupa geben?

Bolza-Schünemann: Das ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen. Solange Deutschland das Zentrum der Druckmaschinenbranche ist, wird es wohl auch die drupa geben. Aber wir sehen heute schon, dass sich in China mit dem Wachsen des dortigen Marktes zwei große Print-Messen etabliert haben. Deren Bedeutung dürfte zunehmen.


Was ist seit der Erfindung des Buchdrucks die wichtigste Weiterentwicklung in der Drucktechnik?

Bolza-Schünemann: Da möchte ich mich nicht so eindeutig festlegen. Es gab viele. Einige hat KBA selbst beigetragen, etwa die Erfindung der dampfgetriebenen Rotationsmaschine. Die Erfindung des Computersatzes, Computer-to-Plate und der noch junge Digitaldruck sind ebenfalls wichtige Meilensteine. Aber welcher über alle anderen hinausragt, wird man erst später sehen. Das haben Meilensteine so an sich.

www.vdma.org
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