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Weiterverarbeitung

Vom Ein-Frau-Unternehmen zur vollstufigen Druckerei

Karl-Heinz Wagner hat seit 2001 knapp 10 Mio. Euro in das Familienunternehmen mit heute 40 Mitarbeitern investiert

Montag 14. Mai 2007 - Was in vielen Branchen in Ostdeutschland heute unmöglich ist, geht ohne größere Probleme in der Druckindustrie: Die sächsische Akzidenzdruckerei Wagner in Siebenlehn zwischen Dresden und Chemnitz setzt fast ausschließlich auf Technik aus Sachsen.

In den Produktionsräumen arbeiten KBA Rapida-Bogenoffsetmaschinen aus Radebeul neben zwei Schneidemaschinen TVC 115 von Perfecta aus Bautzen, einem Kama-Stanzautomaten TS 74 aus Dresden und einem unter dem Label „Heidelberg“ vermarkteten Sammelhefter ST 400 von Brehmer aus Leipzig. Nur in der Druckvorstufe kommt Technik von Kodak (Lotem 800 V) zum Einsatz.

Bei der Gründung 1988 standen dem Ein-Frau-Unternehmen der Handwerksmeisterin Jutta Wagner auf 60 m² Fläche noch vorwiegend gebrauchte Buchdruckmaschinen zur Verfügung. Heute produziert die vollstufige Druckerei mit 40 Mitarbeitern (davon sieben Azubis) in einem Neubau auf 2.400 m² Produktionsfläche im mittelformatigen Bogenoffsetdruck unter modernsten Bedingungen. Diesen erfolgreichen Weg konnten Jutta Wagner und ihr Mann Karl-Heinz Wagner nur mit einer klaren Vision, Sachverstand, Marktorientierung und einem Quäntchen Glück realisieren. Die veränderten Rahmenbedingungen im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands eröffneten dem jungen Familienunternehmen neue Möglichkeiten und gaben der Inhaberfamilie zusätzliche Impulse. Innerhalb kürzester Zeit erfolgte die Umstellung auf den Bogenoffset im A3-Format. „Zu diesem Zeitpunkt war die Druckvorstufe noch ein Abenteuer“, erinnert sich Geschäftsführer Karl-Heinz Wagner. “Es wurde in Blei gesetzt, auf einem Tiegel angedruckt, der Andruck mit einer Folienkamera aufgenommen und anschließend im Offset gedruckt.“ Aber schon 1992 kamen das erste DTP-System und der Einstieg in das Halbformat. 2001 wurde das neue Druckereigebäude nahe der A4 in Siebenlehn fertig gestellt und inzwischen hat es schon die erste Erweiterung hinter sich.

Umstellung vom Halb- zum Mittelformat
Schon Anfang der neunziger Jahre gab es Kontakte zwischen dem Inhaberehepaar Wagner und KBA in Radebeul. Da KBA aber keine kleinformatigen Bogenoffsetmaschinen im Programm hatte, wurden Maschinen eines anderen deutschen Herstellers installiert. Dies änderte sich allerdings im Jahr 2004, als Karl-Heinz Wagner aufgrund der Marktsituation den Umstieg ins A1-Format prüfte. Denn eine ganze Reihe von Aufträgen verlor er damals an Mittelformatdrucker und an Rollenoffset-Betriebe. Anfang 2005 stellten seine Fachleute eine anspruchsvolle (u. a. mit Flächendeckungen von 300 %) Testform zusammen, die bei allen führenden Druckmaschinenherstellern im 4 über 4-Wendebetrieb abgedruckt wurde. Der Test bei KBA hinterließ einen sehr positiven Eindruck. Auch die Verfügbarkeit einer neuen Maschinengeneration im IIIb-Format sprach für den sächsischen Druckmaschinenbauer. Und so wurde die erste Achtwerke-Rapida 105 mit Bogenwendung für die 4 über 4-Produktion geordert: Druckleistung bis zu 18.000 Bogen/h, FAPC-Plattenwechsel-Vollautomaten, absenkbares Nonstop-Rollo, PPP-Stanzsystem inklusive. Im Oktober 2005 ging sie in Produktion. Trotz aller sächsischen Verbundenheit war der Lieferantenwechsel für das Management und die Mitarbeiter keine einfache Entscheidung, denn mit dem Partnerwechsel betrat man auch technisches Neuland.

Wenn man seine wichtigste Produktionsmaschine austauscht, sind Folgeinvestitionen unausweichlich“, begründet Karl-Heinz Wagner die nachfolgende Kettenreaktion: Die Formatumstellung von A2 auf A1 machte Veränderungen von der Vorstufe bis zur Weiterverarbeitung erforderlich. Dann folgten der Wunsch und später die Notwendigkeit einer zweiten Maschine mit Lackiermöglichkeit, z.B. für kleinere Auflagen zum Umschlagen, mehr Farben und Inline-Veredelung, z.B. beim Umschlagdruck. Mit gewohnter Neutralität testeten Karl-Heinz Wagner und sein Team wiederum die am Markt verfügbare Technik. Beim harten Kopf-an-Kopf-Rennen punktete die Rapida 105 u. a. mit ihren besseren Plattenwechsel-Vollautomaten, mit der Stillsetzfunktion für nicht benötigte Farbwerke und – am Ende auch – mit der Erleichterung interner Abläufe durch gleiche Maschinensteuerungen und gleiche Plattenformate. So kann bis zur letzten Minute entschieden werden, welcher Auftrag auf welcher Maschine läuft und das Personal ist flexibler einsetzbar.

Wettkampfsieger beim schnellsten Olympiabuch
Heute laufen auf der Achtfarben-Rapida zu 90 % 4 über 4-Aufträge wie Broschüren und Kataloge oder auch mal Bücher. Höhepunkt: Der Druck des Buches „Turin – unser Olympiabuch“ Ende Februar 2006. Die 30.000er Auflage mit 240 Seiten Umfang, herausgegeben von Sportmoderatoren-Legende Heinz-Florian Oertel und Ex-Olympiasiegerin Kristin Otto, kam genau eine Woche nach dem Ende der Winterspiele in den Handel. Damit hatte der Verlag „Das neue Berlin“ den Wettkampf um das schnellste Olympiabuch, das natürlich eindeutige Verkaufsvorteile liefert, gewonnen.

Damals war die zweite Rapida 105 noch in Diskussion. Der Kaufvertrag wurde kurz nach der spektakulären Druckaktion unterschrieben. Heute laufen auf der zweiten Rapida 105 vorwiegend Dispersionslackierungen als Schutzlack und für spezielle Veredelungen. Auch ein kleiner Anteil Duftlackierungen ist darunter. Nur UV-Hochglanzlackierungen werden aufgrund der derzeit noch zu geringen Nachfrage über Kooperationen ausgeführt. Kaschierungen sind dagegen im Haus möglich. „Wir wollen mit einer möglichst hohen Fertigungstiefe und damit durch hohe Flexibilität und Termintreue im Wettbewerb um Druckaufträge und Preise bestehen“, erläutert Karl-Heinz Wagner das Erfolgs- und Wachstumskonzept des Familienbetriebes. Die Wertschöpfung im Haus ist mittlerweile so hoch, dass nur noch Klebe- und Wire-O-Bindungen an Spezialisten weitergegeben werden. Daneben konnte die Einführung des ProzessStandard Offsetdruck erfolgreich abgeschlossen werden.

Knapp 10 Mio. Euro wurden seit 2001 in die Druckerei investiert. Eine immense Summe für einen Familienbetrieb. „So eine Entwicklung kann man nicht allein schultern“, ist sich Karl-Heinz Wagner sicher. „Dafür braucht es ein hoch motiviertes Team, auf das jederzeit Verlass ist.“ Ständige Marktanalysen, die schnelle Reaktion auf Veränderungen am Markt und die Rationalisierung von internen Arbeitsabläufen sollen dem Unternehmen auch künftig eine hervorragende Ausgangsposition sichern. Und natürlich steht bei jeder Investition die Frage im Vordergrund, wie und wann sie sich amortisiert und ob sie finanziell machbar ist.

Konsolidierung nach stetigem Wachstum
„Man kann nicht immer nur wachsen“, zeigt sich Karl-Heinz Wagner mit dem Erreichten erst mal zufrieden. Eigentlich war schon für 2003 eine Konsolidierungsphase vorgesehen. Die nachfolgenden Investitionen zeigten aber, dass es keinen Stillstand gibt. Trotzdem will der Geschäftsführer das erreichte hohe Niveau erst mal stabilisieren und parallel nach neuen Einsatzfeldern für seine moderne Technik suchen. „Später wird man mehr über die richtige Ausrichtung für die Zukunft wissen“, kommentiert er seine bereits vorhandenen Ideen.

www.kba.com
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